Heimatdorf 2019

Was ist das Gütesiegel Heimatdorf?

Mit dem Wettbewerb zeichnete 2019 das Heimatministerium erstmals Gemeinden mit bis zu 5.000 Einwohner mit besonders hoher Lebensqualität aus. "Der Freistaat möchte damit seine Kommunen stärken und das bürgerschaftliche Engagement der Menschen vor Ort fördern. Das Preisgeld soll in strukturelle Institutionen und Innovationen investiert werden. Dabei sind die ausgelobten Heimatdörfer nicht nur strahlende Sieger, sondern auch Vorbilder für den ganzen Freistaat," sagte Finanz- und Heimatminister Füracker bei der Prämierung 2019 im Heimatministerium in Nürnberg. Voraussetzung für die Teilnahme an dem Wettbewerb ist vorweg die Teilnahme am Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“, an dem die Gemeinde Untermerzbach 2016 und 2017 teilgenommen hat.

Der ehemalige Geschäftsleiter und heutige Kreisarchivpfleger Edgar Maier hat die Gemeinde Untermerzbach angemeldet und sie auf den Weg zum Gütesiegel gebracht mit folgender Begründung:

"Der Grad der Heimatverbundenheit ist ein Spiegelbild der Lebensqualität in unseren Dörfern und Weilern. Dabei speist sich die Lebensqualität nicht nur aus den vorhandenen Infrastruktureinrichtungen, sondern auch aus den Quellen, die mit dem vielschichtigen Heimatbegriff verbunden sind. Eine große Rolle spielt dabei die positive Identifikation mit dem Lebensumfeld, die sich u.a. aus vorhandenen Traditionen, dem Geschichtsbewusstsein, der Beziehung zur eigenen Landschaft, der örtlichen Bauweise sowie dem Umgang miteinander ergibt und hierdurch sich ein Wohlfühlen sowie ein Wir-Gefühl erzeugt.

Um Heimatverbundenheit erreichen oder verbessern zu können, bedarf es für jedes Dorf einer professionellen Bestandsaufnahme des Vorhandenen. Ein geeigneter Ansatzpunkt wäre dabei eine gemarkungsbezogene Kartierung der Kulturlandschaftselemente mit historischer Aufarbeitung um Geschichtsbewusstsein zu vermitteln. Daneben sollen im Rahmen eines zu erarbeitenden Konzepts in ortsbezogenen Gesprächskreisen die vorhandenen Traditionen, das Leben wie es früher war, mündlich erörterte Begebenheiten, der örtliche Dialekt und vieles mehr erhoben werden."

 

 

Teil des Projektes Heimatdorf 2019 war eine Inventarisation der historischen Kulturlandschaft, sowie die digitale und analoge Darstellung der Ergebnisse. Ziel sollte es sein, die noch heute sichtbaren Spuren in der Landschaft und damit das Wissen über die historischen Entwicklungen und Nutzungen im Gemeindegebiet vor allem mit und für die Menschen vor Ort zu bewahren.

Die Erfassung und Katalogisierung der Kulturlandschaftselemente im Gemeindegebiet war aufgrund der Vielfalt und Vielzahl der vorhandenen Objekte ein anspruchsvolles und aufwendiges, aber auch sehr spannendes Unterfangen. Die Natur des Projektes erforderte die Anwendung interdisziplinärer Methoden u.a. aus den Bereichen der Historischen Geographie, der Geologie, der Biologie und der Geschichtswissenschaft im engeren Sinne. Als Informationsquellen dienten neben den Archiven die einschlägige Literatur und das umfangreiche Wissen interessierter Bürger und deren Beiträge.

In der praktischen Arbeit in mehreren Exkursionen wurden systematisch sämtliche Gemarkungen begangen und alle vorhandenen Kulturlandschaftselemente wie Hohlwege, Ackerterrassen, Grenzsteine, Felsenkeller usw. kartiert und katalogisiert. Große Herausforderung war dabei die hohe Anzahl an Elementen bei einzelnen Elementtypen.

Im Zeitraum von 2020 bis 2022 wurden zahlreiche Elemente kartiert, beschrieben und deren historische Bedeutung erläutert. Die Ergebnisse finden sich, öffentlich zugänglich, als digitale Datenbank unter dem Link:

https://www.kulturlandschaftsforum-bayern.de/

Zudem werden sie in den Flächennutzungsplan der Gemeinde Untermerzbach eingepflegt und liegen der Gemeinde auch analog in Form einer Kulturlandschaftselementekarte und den dazugehörigen Datenblättern, welche die einzelnen Elemente erläutern, vor.

Die Broschüre "Untermerzbach - Die historische Kulturlandschaft einer Gemeinde" kann bei der Gemeindeverwaltung kostenlos angefordert werden.

Die Prämie aus dem Wettbewerb „Heimatdorf“ wurde u.a. auch für die Erhebung der heimischen Dialekte durch das Unterfränkische Dialektinstitut unter Federführung von Frau Dr. Monika Fritz-Scheuplein als wissenschaftlichem Partner verwendet.

In Form von Gruppeninterviews wurden kom­petente Dialektsprecher der älteren Generation in den neun Ortsteilen Buch, Gereuth, Gleusdorf, Hemmendorf, Memmelsdorf, Obermerzbach, Recheldorf, Untermerzbach und Wüstenwelsberg anhand eines Fragenkatalogs mit rund 400 Fragen vor allem zu lautlichen, morphologischen und lexikalischen Phänomenen befragt. Selbstverständlich wurden die Dialektbefragungen auch digital aufgenommen.

Alle Erhebungsdaten, Tondokumente und Auswertungsergebnisse wurden im Anschluss auf die Datenbank des Unterfränkischen Dialektinstituts „FrankDiDok“ überführt und können dort abgerufen werden.

Die Gemeinde hatte sich anlässlich der Teilnahme beim Wettbewerb des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat „Gütesiegel Heimatdorf 2019“ unter anderem verpflichtet, die örtlichen Bräuche in Vergangenheit und Gegenwart zusammenzustellen. Für diese anspruchsvolle Aufgabe konnte die Kulturwissenschaftlerin Dr. Monika Ständecke gewonnen werden.

Die Autorin hat mit hohem persönlichem Engagement und wissenschaftlicher Akribie zu den örtlichen Bräuchen ein Werk geschaffen, das wohl keine Wünsche offenlässt. Dabei wurde nicht an den Gemeindegrenzen Halt gemacht, sondern auch Vergleiche zu benachbarten Gemeinden gezogen. Es entstand ein den wissenschaftlichen Standards genügendes Nachschlagewerk, das zugleich als unterhaltsame Lektüre für jedermann bezeichnet werden kann.

Das Buch „Nix besonderes? Lebensart und Bräuche zwischen Itz und Rothreisach“ kann zum Preis von 23,50 € bei der Gemeinde Untermerzbach erworben werden.

Beispielhaft sollte die Sanierung von einigen Felsenkellern wirken, um die vielfältigen Nutzungs­­möglichkeiten zu diesen oft vernachlässigten Elementen der dörflichen Baukultur in den Dörfern aufzuzeigen und die vorhandenen Kellerbesitzer anzuregen, ihre Keller ebenfalls wieder verstärkt zu nutzen. 

Maßnahmenbeschreibung